Sturm bricht los...

„Sturm bricht los aus Wolkentürmen.
Lasst ihn rasen, lasst ihn stürmen.
Soll das Schwache er verwehen,
lässt er doch das Starke stehen!“

Na dann hoffen wir mal, dass wir zum Starken zählen. Auch wenn ich darauf bestehe, dass ausgewachsene acht Windstärken technisch gesehen nur einen „stürmischen Wind“ darstellen. Hierbei Rahsegel zu bergen ist allerdings so, als wolle man auf der offenen Ladefläche eines LKW bei fast 80 km/h eine baumelnde Strickleiter hochklettern, während einem mit gleicher Geschwindigkeit salzige, harte Wassertropfen ins Gesicht schießen. Die Wellen sind in etwa so hoch wie die Fockrah, also fünf bis sechs Meter.

Blöd ist halt nur, dass der Wind genau aus Nordosten kommt, wo wir eben hin wollen.

So bleibt uns nichts anderes übrig, als nur mit dem frisch geflickten Großstag (hält jetzt toll!) beigedreht dazuliegen. Ein Blick auf die Karte verrät uns, dass wir so zwei Tage Leerraum bis zur Küste haben. So lange wird der Wind schon nicht halten.

Ich frage mich nur: Warum muss so ein Wetter immer nachts kommen?

Im Morgengrauen gehe ich wieder unter Deck. Der einzige Unterschied: hier fliegt Wasser nicht von rechts nach links, sondern von oben nach unten. Das allerdings so gut wie überall. Bei jedem Brecher, der das Deck überspült, läuft es eimerweise durch die Skylights. Balo erwischt es, als er sich gerade trockene Unterwäsche angezogen hat. Die Besatzung ist relativ still geworden. Nachmittags klart es auf, Wind und Wellen bleiben aber recht kräftig. Eine der Wellen entscheidet sich, den Weg über das Deck zu nehmen und bricht kurz vor den Masten. Zum Glück waren alle an Deck angeleint.

Doch die Sonne hebt die Gemüter und Michi zaubert eine tolle Pizza, sodass endlich frohgemut mit den Reparaturen begonnen wird. Von meinem Schokokuchenteig landet leider gut ein Drittel in diversen Kojen und in der Bilge. Der Rest schafft es aber in den Ofen. Wegen der seltsamen Form wird er „Sturmkuchen“ getauft.

Bilanz: Etliche tausend Schlag an der Bilgepumpe im Klo, weil Olga (unsere Lenzpumpe an Deck) und Jockel (Stromgenerator zum Betrieb der elektrischen Lenzpumpe) gemeinsam im Streik sind. Dreimal die gerissene Ruderanlage repariert, und einmal einen neuen Abstandhalter fürs Dingi, dazu etliches Tauwerk. Schnüffel ist Rekordhalter an der Bilgepumpe mit 1250 Schlägen am Stück.

Die verbesserte Stimmung führt zu Kopfrechnung und Wetten über die Reisedauer. Proviant war für 35 Tage geplant, die Schätzungen stehen unten. Wenn die Crew zu so etwas Zeit hat, hat sie zu viel Freizeit.

Severin

 

Es schätzen für die gesamte Reisedauer:

  • Alex: 41 Tage
  • Balo: 35 Tage
  • Gunther: 38 Tage
  • Martin: 45 Tage
  • Michi: 36 Tage
  • Puck: 44 Tage
  • Rita: 37 Tage
  • Schnüffel: 37 Tage
  • Severin: 38 Tage
  • Sigrun: 40 Tage
  • Steff: 42 Tage
  • Strubbel: 38 Tage

Die richtiger schätzende Hälfe der Crew wird von der schlechter schätzenden in Brest zum Essen eingeladen.

P.S.: Komischerweise freuen sich nicht mehr alle auf einen richtigen Sturm mit 10m Wellen.

 

Mittagsposition: 36°35,0'N 073°40,6'W; Etmal: 30sm