Backkobolde und ein Dingi

Jäh werde ich unsanft aus meinen Träumen gerissen. Um mich herum hektisches Treiben, als läge ich inmitten eines italienischen Backhauses. Ich blinzle mit dem linken Auge aus dem Schlafsack, ganz vorsichtig, um nicht von irgendwelchen herumfliegenden Geschossen getroffen zu werden. Zu spät, wie ich eine Sekunde später feststellte, ein tellergroßes, weißes, schleimiges Etwas segelt direkt auf mich zu und nur durch ein Wunder geht es haarscharf an mir vorbei und flatscht laut am Boden auf. Derbstes Gefluche von allen Seiten, ein raues „Heb’s auf!“ wecket mich nun vollkommen auf! Zum Trotz – und ich weiß auch gar nicht wie ich ein solches Schleimgebilde angreifen kann – greif ich mal nicht sofort hin, immerhin hat mich die liebe Backschaft durch sinnlos lautes Treiben um meinen kostbaren Schlaf gebracht. Ich kann aber gar nicht anders und hebe das Ding dann doch auf, weil mich vier fuchtige Kobolde dumm anglotzen, und zum Dank fliegen dann noch Eier, Honig und Mehl in meine Koje.

— Mit dem Schlafen ist es nun endgültig aus und ich überlasse das Schlachtfeld der Backschaft und ziehe mich auf Deck zurück. An der frischen Luft angekommen merke ich erst, wie schön es ist, nicht mehr von den vier Backkobolden umgeben zu sein, und ich male mir aus, wie jetzt mein Leintuch wohl schmecken würden, wenn ich es jetzt so wie es ist in den Ofen steckte – Leintuchkuchen. Severin steht am Steuer und wirkt auch nicht gerade fröhlich, auch ihn hatten die Backkobolde durch ihr hinterlistiges Treiben geweckt. Gemeinsam malen wir uns nun in schrillen Tönen sämtliche Strafen für die Störenfriede aus: mit der Zahnbürste die Kalfaterung an Deck auslösen, um dann nachher mit den bloßen Fingernägeln und einem Hammer, der die kleinen Finger als Kalfatereisen ansieht, wieder neues Werk in die Ritzen zu hauen, bis die Finger grün und blau sind, oder: wir stopfen sie alle in die Bilge, bis sie endlich zur Einsicht gekommen sind, dass in aller Herrgottsfrühe nicht mit Schleim geworfen wird. Auf jeden Fall legt sich unser Groll relativ schnell, da es alsbald recht wohlriechend aus Richtung Küche zu uns rüber kommt und wir bald mit Palatschinken und Solzstangerl in Frieden und Eintracht mit den Backkobolden zu Tische sitzen.

Das war also ein ereignisreicher Morgen, dem außer Regen, Sonnenschein und einer großen Delphinschule, die direkt voraus mit einer großen Welle ankam, nicht mehr viel zu bieten hatte. Am Nachmittag lag alles faul und träge an Deck und las, sogar die Steuerfrau, also wurde beschlossen der Faulheit Einhalt zu gebieten, und das Dingi von achtern nach vorne gebracht und auf Deck gehoben, wobei meine Kleidung empfindlich nass wurde, und ich deshalb zwei Stunden frieren musste, da ich zu blöd war, trockenes Gewand zu holen. Steff und Schnüffel nähten sich die Finger am Großstagsegel krumm und Puck reparierte das Dingi.

Nun ist schon wieder ein Tag vorbei, die Sonne geht unter und die Falado segelt neuen Abenteuern entgegen, und ich höre auch schon wieder die Backkobolde mit ihren Glotzaugen aus ihren Löchern steigen…

Gunther

Mittagsposition: 35°38,4'N 073°50,2'W; Etmal: 63sm