Noch ca. 1350 Meilen bis Brest

Der Tag beginnt um Mitternacht mit der Hundewache. Der Wind ist mäßig, die See relativ glatt. Zum ersten Mal ist es so warm, dass wir mit mehreren Lagen Unterwäsche nicht mehr so frieren. Gegen zwei Uhr sehen wir ein Licht am Horizont, das ich vom Krähennest aus anfunke. Es ist der Frachter Cutty Shanghai, der beim Wetter nix neues meldet, wohl aber, dass er uns zwar schon länger sieht (die Stb-Petroleumlaterne), nicht aber im Radar hat. Angesichts trockenen Wetters und glatter See mit 2,5 Metern Dünung spricht das nicht sehr für unseren neuen Radarreflektor (der mittlerweile auch gegen ein brauchbareres Teil ausgetauscht wurde). Als sich die Shanghai auf 8 Meilen genähert hat, sieht sie auch ein Radarecho.

4 Stunden Schlaf. Zum Frühstück gibt es etwas Abwechslung: heute gibt es die 100 Gramm Haferflocken mit heißem Wasser wahlweise mit Rosinen oder Pflaumen. Ob ich auch nur Schokolade ohne Haferflocken haben kann? Nein. ;-)

Nach dem Frühstück verspricht der Seewetterbericht von Radio France International für die Seegebiete um uns herum Windstärke 7–9, bei uns herrscht allerdings mal wieder Flaute. Etmal dann doch 80 Meilen.

Zum Mittagessen zaubert Martin eine wahre Proteinbombe: Linseneintopf mit 150 Gramm Hähnchenfleisch und mindestens 3 Esslöffeln trockenem Speck. Schmeckt hervorragend.

Draußen herrscht eine eigenartige Stimmung: schwacher Wind, die Sonne scheint, aber ringsum uns herum sind am Horizont dichte Wolken vom Wasser bis hoch in den Himmel.

Die Badechance lassen wir uns aber nicht nehmen: raus aus der Fleeceunterwäsche, Bibbern, Sprung ins Wasser, Zittern, 5 Stöße zum Ruder, herausklettern, schlottern. Dazwischen noch Einseifen. Schnüffel springt sogar zweimal ins Wasser. Puck schafft es, sich ca. 30 Minuten lang zu waschen, während der Rest der Crew in Schlafsäcken gehüllt an Deck liegt. Ich wäre da längst erfroren. Die Stimmung wird allerdings bei allen mit der umgreifenden Sauberkeit kräftig angehoben. Dazu trägt aber auch noch das warme Apfelmus bei, das Schnüffel mit Vanillepudding zum Tee serviert. Abends bergen wir dann den Außenklüver, weil wir bei 3,5 Knoten hoch am Wind langsam Angst um unsere geflickten Nähte haben.

Letzter Punkt: wir haben für Sonntag einen Singewettstreit angesetzt, bei den Gruppen zu zwei bis drei Personen eine Nacht zum Durchschlafen gewinnen können. Zweiter Preis ist ein Nachschlag beim Essen. Wie wir allerdings den Sieger feststellen, muss ich mir noch überlegen. Vielleicht eine geheime Abstimmung, kontrolliert vom ersten Wachführer? Na, hoffentlich liest das keiner vor Sonntag.

Severin

Mittagsposition: 48°33,3'N 039°26,6'W; Etmal: 81,1sm