Von Verhütungsquallen und gefallenen Raffeefallen

Um Mitternacht hatten wir bei gesetztem Großsegel, Unter- und Obermars und Vorstag die Wache mit 7,5kn Fahrt (und dieses Mal brennenden Laternen) an Strubbels Wache übergeben. Es folgte eine geruhsame Nacht. Zur Vormittagswache hatte der Wind abgeflaut: wir setzten zu Beginn der Wache Dreikanttop, Fock und Raffee dazu und bargen das Vorstag (Innenklüver stand schon) und machten damit 4,5kn Fahrt. Naja, wir waren auch verwöhnt. Die Mädels haben zum Frühstück Schinken- und Schokohörndl gebacken, welch ein Genuss! Und mittags schon wieder, da gabs Michis Nudel mit Lachs-Soße (eine Dose davon stammte von David), und nachmittags dann einen Früchtekuchen aus Gunthers Hand. Alle wurden richtig satt. Nun, da die Ankunft näher rückte, werden die letzten schmackhaften Vorräte verbraucht: Mal sehen, was übrig bleibt, wahrscheinlich Grieß mit Sauerkraut, ggf. auch Couscous oder Polenta. Nach dem Frühstück gab es eine ausgiebige Diskussion über Religionen und Lebensphilosophien.

Das Wetter wurde nachmittags schöner, die Sonne schien und es kam auch nach langer Zeit mal wieder ein großer Containerfrachter in Sicht. Allerdings ließ auch der Wind nach und wir machten nur noch 3kn Fahrt. Als wir gerade unter Deck saßen und ein paar Lieder aufnahmen, schepperte plötzlich etwas an Deck. Es stellte sich heraus, dass sich der Schäkel des Raffeefalls an der Stenge des Vortopps gelösst hatte und der Block an Deck gefallen war. Das Raffee – nur durch die Schoten gehalten – hing nun schlaff herunter. Der Schäkel hatte eine längere feuchte Reise auf sich genommen, denn der Meeresgrund hier in Romeo war gerade 4300m tief.

Severin kletterte nach oben bis zur Spitze der Stenge und schäkelte den Block wieder ein, sodass wir das Raffee kurz drauf wieder setzen konnten.

Außenbords schwimmen schon seit einer Weile kleine blaue Quallen, die wie Verhüterlis aussehen, ein paar davon sind auch an Deck gespült worden, sowie auch nur bis dato unbekannte Meeresbewohner, möglicherweise auch Quallen. Sie sehen aus wie ein weißes Ei, mit miesmuschelähnlichen Tentakeln, an deren Enden sich sternförmig angeordnete Nesseln (Fäden) befinden. Ich versuchte, eine mit der Pütz zu fangen, beim Anbordhieven der Pütz entwischte sie jedoch wieder. Leider haben wir kein Buch an Bord, um Meeresgetier bestimmen zu können.

Das Abendessen bereitete Severins Mädelwache: Bierweckerl mit eingebackenem Schinken und Zwiebeln, dazu für jeden eine Dose Budweiser-Bier. Die Dosen (von Severin gestiftet) wurden aufs Achterdeck gebracht, um sie in einer Pütz kühlen zu können. Sie sollten von mir bewacht werden. Gunther, der am Ruder stand, brachte es jedoch fertig, in einem unbeobachteten Moment 2 Stück zu stibitzen. Er wollte sie nur vor sich hinstellen, um in der Flaute mehr Motivation zu bekommen. Die Stimmung ist bei manchen schon etwas übermütig bis gereizt, was auch an der momentanen Flaute (schwacher Wind) so kurz vor der Heimkehr liegen mag.

Der französische Rundfunk und Navtex sagten für unser Gebiet für den nächsten Tag wieder Wind aus NW mit 3-5bft voraus auf N drehend. Das wäre ja gut.

Puck

Mittagsposition: 50°01,1'N 015°09,8'W; Etmal: 128sm