Erste Begegnung mit den Naturgewalten

Diese zweite Nacht auf See lehrte uns, wie wichtig es ist, den Inhalt seiner Koje zu sichern. Die Kojensegel der unteren Kojen in der Messe, die bei starker Krängung die auf der Luvseite Schlafenden vor dem Harausfallen aus der Koje bewahren sollten, stellten sich als wenig komfortabel heraus. Deshalb kamen wir auf die Idee, ein zusätzliches, demontierbares Brett vor den Kojen zu installieren. Am Morgen bauten Puck und Steff einen Prototyp der auf den Namen "Laufstall" getauften Konstruktion.

Wir überlegten uns Methoden, wie wir das an einigen Stellen durchs Deck tropfende Wasser davon abhalten könnten, die Kojen in Wasserbetten zu verwandeln. Ponchos und über den Kojen festgeklebte aufgeschnittene Müllsäcke leisteten uns dabei gute Dienste. Das Meer sollte gefälligst dort bleiben, wo es hingehört, nämlich draußen.

Um mit den ganzen unangenehmen Dingen an Bord fertig zu werden, installierten wir den Staples Easy Button in der Messe. Damit wird jede unangenehme Situation zu einem Kinderspiel. Wenn etwas nicht klappt, wie es soll, betätigt man einfach diesen großen, roten Knopf. "That was easy", ertönt mit amerikanischem Akzent, und gleich geht alles viel besser. Zumindest solange, wie einem das eintönige "That was easy" noch nicht auf die Nerven geht.

Abends sendete Mad den ersten Funkspruch an den Eisbrecher. Dabei handelt es sich um einen kurzen Bericht, den wir mit unserem Satelitentelefon auf einen Anrufbeantworter sprechen. Die Tonaufnahme stellte die Redaktion dann auf der Eisbrecher-Webseite zum Anhören zur Verfügung.

In der Abenddämmerung hatten wir die erste wirkliche Begnung mit den Naturgewalten. Bei leicht bedecktem Himmel und gutem Wind fuhren wir mit dem Golfstrom gen Norden und näherten uns der dunklen Wolkenfront, die schon seit einiger Zeit vor uns am Horizont drohte. Wie aus dem nichts frischte der Wind plötzlich weiter auf, sodass das Rigg laut anfing zu heulen. Das Schiff krängte stark, rings um uns schlugen Blitze ins Wasser und der Wind peitschte die Gischt übers Deck. Die düsteren Wolken schluckten das letzte spärliche Licht der Abenddämmerung, und im gespenstigen Schein der Saling (Arbeitsbeleuchtung an Deck) hatten wir alle Mühe, das Raffee und das Vorstag zu bergen.

Mit etwas mehr Erfahrung wäre diese Situation wahrscheinlich eine leichte für uns gewesen, doch bis dato waren wir noch unsicher im Umgang mit den tausend Seilen zur Bedienung der Segel und hatten noch nicht den nötigen Respekt vor der Gewalt des Windes. Um eine Erfahrung reicher ging dieser Tag für uns zu Ende.

steff

Mittagsposition: 29°45,0'N 079°41,7'W; Etmal: 140sm